Begutachtung
Die Stiftung legt großen Wert darauf, nachvollziehbare und tragfähige Förderentscheidungen zu treffen. Diese sind nicht denkbar ohne ein adäquates Begutachtungsverfahren, das unverzichtbarer Bestandteil unserer Stiftungspraxis ist.
Hunderte Expert:innen im In- und Ausland unterstützen die Stiftung jedes Jahr bei der Begutachtung von Anträgen – einzeln und in Jurys ("Peer Review"). Ihre Empfehlungen sind die Basis für die Entscheidungen des Kuratoriums und des Generalsekretärs. Oberstes Ziel ist es, höchste wissenschaftliche Qualität zu sichern. Dabei legt die Stiftung großen Wert auf die Transparenz der Begutachtungsverfahren und die Professionalität aller an der Antragsprüfung Beteiligten.
Begutachtungsverfahren
Das Begutachtungsverfahren wird von der Stiftung entsprechend den Rahmenbedingungen und Zielsetzungen des Förderangebots gestaltet. Es kann einstufig oder mehrstufig organisiert sein. In der Regel schließt sich an die formale Prüfung durch die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle eine externe fachliche Begutachtung an. Je nach Initiative und dem dafür festgelegten Begutachtungsverfahren holt die Stiftung entweder schriftliche Einzelgutachten zu einem Antrag ein oder lässt die eingegangenen Anträge von einer größeren Zahl von Fachleuten in einer Kommission (Gutachterkreis) begutachten. Die Arbeit des Gutachterkreises kann durch zusätzliche schriftliche Einzelgutachten unterstützt werden. In vielen Fällen erhalten Antragstellerinnen und Antragsteller die Möglichkeit, ihr Vorhaben vor dem Gutachterkreis zu präsentieren und mit den Fachleuten zu diskutieren. Die Einschätzung der Expertinnen und Experten bildet die Entscheidungsgrundlage für das Kuratorium oder den Generalsekretär.
Gutachter:innenauswahl
Die Stiftung greift nicht auf einen festen Stamm an Gutachterinnen und Gutachtern zurück, sondern wählt diese nach den Erfordernissen eines Antrags beziehungsweise einer Initiative aus verschiedenen Disziplinen, Hochschulen und Instituten– auch aus dem außeruniversitären Bereich – aus und berücksichtigt dabei Aspekte wie Internationalität und Diversität. Ohne diese externen Fachleute wäre eine seriöse Prüfung von jährlich mehreren hundert Antragsskizzen und Anträgen nicht möglich.
Die Stiftung achtet bei der Gutachter:innenauswahl nicht nur auf Expertise, sondern auch darauf, Voreingenommenheit – im positiven wie negativen Sinne – auszuschließen.
Sollte eine Person aus dem Gutachter:innenkreis unter die nachfolgenden Befangenheitskriterien fallen, nimmt sie an der Beratung des betroffenen Antrags nicht teil:
- Persönliche Bindungen (Verwandtschaft, Freundschaft) oder Konflikte zwischen Begutachtenden und Antragstellenden
- Zugehörigkeit oder bevorstehender Wechsel zur selben Forschungseinrichtung
- Aktuelle oder ehemalige dienstliche Abhängigkeit
- Wissenschaftliche Kooperationen (gemeinsame Forschungsprojekte, Veranstaltungen, Publikationen)
- Mitwirkung in einem Aufsichtsrats-/Entscheidungsgremium einer antragstellenden Forschungseinrichtung
- Unmittelbare Konkurrenz
- Wirtschaftliche Interessen (eigene oder nahestehender Personen) an der Entscheidung über den Förderantrag
Mitglieder von Gutachter:innenkreisen sind gehalten, für die Dauer ihrer Tätigkeit keine eigenen Anträge zu stellen. Bei einer Antragstellung in der jeweiligen Förderinitiative scheiden Gutachter:innen aus dem betreffenden Gremium aus. Dies gilt auch, wenn mehrfach aus ihrem direkten wissenschaftlichen Umfeld Anträge gestellt werden.
Nicht alle Umstände, die den Anschein einer Befangenheit erwecken könnten, sind jedoch für die Stiftung überprüfbar. Sie ist daher darauf angewiesen, dass angefragte Gutachter:innen Befangenheiten selbst melden, wenn sie solche erkennen, so dass wir eine Beteiligung möglicherweise befangener Wissenschaftler:innen am Begutachtungsverfahren ausschließen können.
Grundsätze der Begutachtung
Mit ihrer Gutachter:innentätigkeit erkennen die von der Stiftung zu Rate gezogenen Fachleute die folgenden Regeln guter Praxis als bindend an. Wenn es nicht möglich ist, ein Votum im Einklang mit diesen Regeln abzugeben, so muss die Begutachtung – auch ohne Angabe von Gründen – gegenüber der Stiftung abgelehnt werden.
- Die Begutachtung folgt den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis. Alle Angaben entsprechen der Wahrheit und sind nicht darauf angelegt, das geistige Eigentum anderer zu verletzen oder deren Forschungstätigkeit zu beeinträchtigen.
- Mit der Übernahme der Begutachtung wird die Zuständigkeit für wesentliche Aspekte des Antrags erklärt. Erachten sich zu Rate gezogene Fachleute für nicht zuständig, so benachrichtigen sie die Stiftung.
- Fühlen sich Gutachter:innen in der Sache befangen, scheiden sie ebenfalls aus dem Begutachtungsprozess aus.
- Die befürwortende oder ablehnende Empfehlung berücksichtigt neben der fachwissenschaftlichen Abwägung auch die in der jeweiligen Förderinitiative geltenden Anforderungen, Ziele und Einschränkungen gemäß den "Informationen zur Antragstellung".
- Die Gutachter:innen behandeln die ihnen übermittelten Anträge vertraulich und leiten sie nicht an Dritte weiter.
- Bei der Erstellung von Gutachten ist der Einsatz von generativen Modellen mit Blick auf die Vertraulichkeit des Begutachtungsverfahrens unzulässig. Zur Begutachtung bereitgestellte Unterlagen sind vertraulich und dürfen insbesondere nicht als Eingabe für generative Modelle genutzt werden.
Feedback zu begutachteten Anträgen
Die Geschäftsstelle ist bemüht, den Antragstellenden so schnell wie möglich mitzuteilen, ob ihr Antrag erfolgreich war oder nicht. Schriftliche Einzelgutachten sind in den Programmen der VolkswagenStiftung die Ausnahme, stattdessen werden Förderempfehlungen der Gutachter:innen häufig im Rahmen von Gutachter:innenkommissionen ausgesprochen, nachdem diese die vorliegenden Anträge vergleichend diskutiert haben. Diese Diskussionen und Entscheidungen werden von der Geschäftsstelle protokolliert. Da diese Protokolle u. a. direkte Vergleiche mit anderen eingereichten Anträgen beinhalten, können sie nicht mit abgelehnten oder zur Bewilligung vorgeschlagenen Antragstellenden geteilt werden. Stattdessen behält sich die VolkswagenStiftung das Recht vor, Förderentscheidungen ohne ausführliches inhaltliches Feedback mitzuteilen. Vor allem bei Entscheidungen in Skizzen- und Antragsverfahren mit hohen Antragszahlen ist ein Feedback grundsätzlich nicht möglich. Bei Anträgen, die nach mehreren Auswahlstufen oder im Rahmen eines aufwändigeren Antragsverfahrens abgelehnt wurden, gibt es die Möglichkeit, ein ausführlicheres telefonisches Feedback von den zuständigen Fachreferent:innen zu erhalten.
Weiterentwicklung von Begutachtungsverfahren
Die VolkswagenStiftung versteht sich als wichtige Impulsgeberin in der (deutschen) Wissenschaftslandschaft. Neben ihrer Rolle als Förderin von innovativen Ansätzen und Themen in Forschung und Lehre experimentiert die Stiftung auch mit Antrags- und Auswahlverfahren, um diese effizienter und gerechter zu gestalten. Beispielsweise gehören dazu der Einsatz von randomisierten Verfahren in der Entscheidungsfindung (in "Experiment", 2017-2020), Videoskizzen in Auswahlverfahren (in "Momentum", seit 2022) oder das Distributed Peer Review (in "Aufbruch", 2024). Diese Pilotprojekte werden begleitend untersucht, um die Erkenntnisse mit interessierten Institutionen in Deutschland und im Ausland zu teilen und zu diskutieren.