Biokraftstoff aus Hefen? Lichtenberg-Professor Martin Grininger braut Fettsäuren aus Zucker
Den Professoren Dr. Martin Grininger und Dr. Eckhard Boles von der Goethe-Universität Frankfurt ist es mit ihren Arbeitsgruppen gelungen, kurzkettige Fettsäuren mithilfe von Hefen aus Zucker oder zuckerhaltigen Abfällen herzustellen. Der Prozess ähnelt dem Bierbrauen und könnte neue Herstellungswege für Biokraftstoffe eröffnen.
Kurzkettige Fettsäuren finden sich in Kosmetika, pharmazeutischen Wirkstoffen, antimikrobiellen Substanzen, Aromastoffen oder auch Seifen. Sie lassen sich bisher nur durch aufwendige Extraktion aus bestimmten Pflanzen wie der Kokosnuss oder chemisch aus Erdöl gewinnen. Dr. Martin Grininger, seit 2012 Lichtenberg-Professor der VolkswagenStiftung an der Goethe-Universität Frankfurt, fokussiert in seinem Forschungsprojekt auf die Fettsäuresynthasen: große Proteinkomplexe, die Fettsäuren herstellen ("Reaction Control in Megasynthases"). Grininger war beteiligt an der Aufklärung der dreidimensionalen Struktur dieser Synthasen.
Veränderung des Fettsäure-Produktionsprozesses
Mit der aktuellen Forschung greifen er und sein Team gezielt in den Wirkmechanismus der Fettsäuresynthasen ein. In lebenden Zellen stellen diese "Fettsäurefabriken" Fettsäureketten aus 18 Kohlenstoffatomen her. Sie sind länger als die gewünschten kurzkettigen Verbindungen. Die Wissenschaftler fanden einen Weg, den Produktionsprozess so anzupassen, dass die Synthase kurzkettige Fettsäuren herstellte. "Wir haben zunächst untersucht, wie die Fettsäuresynthase Zyklen zählt, um zu entscheiden, wann die Kette fertig ist. Gefunden haben wir eine Art Lineal, das die Länge der Fettsäure misst", erklärt Martin Grininger. "Dieses Lineal haben wir so verändert, dass die Fettsäuresynthase sich vermisst und kürzere Ketten freisetzt. Das alles geschah zunächst am Computer und im Reagenzglas."
Mit Prof. Dr. Eckhard Boles vom Institut für Molekulare Biowissenschaften, der den Stoffwechsel von Hefen erforscht, entstand die Idee, Griningers veränderte Fettsäuresynthasen in Hefen einzusetzen. "Diese Hefen schieden auf einmal die kurzkettigen Fettsäuren in beachtlichen Mengen aus", berichtet Boles. "Damit können wir nun wie beim Bierbrauen anstelle von Alkohol die wertvollen kurzkettigen Fettsäuren produzieren."
Zwei Nature-Publikationen veröffentlicht
Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse in den aktuellen Ausgaben von "Nature Chemical Biology" und "Nature Communications". "Die neue Technologie kann ein Schlüsselschritt sein, um über Hefen einen alternativen Zugang zu neuartigen Biokraftstoffen zu finden, deren Eigenschaften denen fossiler Kraftstoffe nahezu entsprechen", erklärt Boles. In dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekt "Alk2Bio" werden die Hefen so weiterentwickelt, dass sie aus den kurzkettigen Fettsäuren die Biokraftstoffe Oktanol und Heptan produzieren.
Die Wissenschaftler wollen den Forschungsansatz ebenfalls auf weitere schwer herstellbare Moleküle übertragen. Durch ähnliche Veränderungen an anderen großen Enzymkomplexen könnten weitere neuartige Moleküle für die chemische und pharmazeutische Industrie synthetisiert werden. Die Universität Frankfurt hat die Entwicklungen durch zwei europäische und internationale Patentanmeldungen schützen lassen.
Weitere Informationen finden Sie in der Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt.
Informationen zu den Publikationen
Hintergrund: Lichtenberg-Professuren der VolkswagenStiftung
Mit den "Lichtenberg-Professuren" kombiniert die VolkswagenStiftung die personen- und institutionsbezogene Förderung: Indem herausragende (Nachwuchs-)Wissenschaftler(innen) eine Tenure-Track-Option an einer selbst gewählten deutschen Universität erhalten, bekommen sie die Möglichkeit, eigenständig und langfristig in innovativen und interdisziplinären Bereichen zu forschen. Der nächste Stichtag ist der 1. Juni 2017. Weitere Informationen unter "Lichtenberg-Professuren".