Corona-Update: Warum wir Stichtage verschieben
Die Pandemie macht Druck auf die Wissenschaft: Projekte verzögern sich oder platzen. Neue Forschungsfelder werden vage sichtbar. Der Umbruch erzwingt agile Reaktionen. Die VolkswagenStiftung stellt sich darauf ein.
"Derzeit keine offene Ausschreibung" – in der langen Liste der Förderangebote sind im Moment etliche mit dieser Einschränkung versehen. Bei anderen Programmen verschieben sich Stichtage. Und bei einzelnen Initiativen zeichnet sich ab, dass sie nach langjähriger Laufzeit eingestellt werden.
Was ist da los, fragen sich deshalb viele, die die VolkswagenStiftung kennen und wegen ihres breiten Förderportfolios besonders schätzen. Muss man sich Sorgen machen? Lähmt die Pandemie die Handlungsfähigkeit der Stiftung?
"Definitiv nicht", beruhigt Generalsekretär Dr. Georg Schütte, "alle Prozesse laufen weiter. Alle bewilligten Projekte sind durchfinanziert. Keine geförderte Person muss sich Sorgen machen. Die Stiftung bleibt verlässlich und flexibel."
Wie flexibel, bewies sie zuletzt mit der Small Grant-Ausschreibung "Corona Crisis and Beyond – Perspectives for Science, Scholarship and Society". In einem beispiellosen Tempo hat die Stiftung hier ein Angebot geschaffen, das aktueller nicht sein konnte und offenbar einen Nerv getroffen hat: 1109 Anträge gingen bis zum Stichtag 4. Juni ein, so viele wie in bislang keinem anderen Förderangebot. Und dies trotz der extrem kurzen Ausschreibungsfrist von etwa vier Wochen.
"Die Resonanz hat unsere kühnsten Erwartungen übertroffen", sagt Georg Schütte. "Aber wir sind in gewisser Weise auch zu Opfern dieses Erfolgs geworden. Denn nun gilt es, mit vereinten Kräften eine qualitätsvolle Vorauswahl für die Begutachtung zu organisieren. Und wir prüfen, ob wir in der mittelfristigen Planung Fördermittel umschichten. Wenn wir mit der Corona-Sonderausschreibung einen substanziellen Impact erzeugen wollen, muss es uns gelingen, die vielversprechendsten, risikobereiten Projektideen an den Start zu bringen."
Auch mit einer Ad-hoc-Ausschreibung im Niedersächsischen Vorab hat die VolkswagenStiftung flexibel auf die Corona-Auswirkungen reagiert: "Digitalisierung plus – Sofortmaßnahmen der Hochschulen in Niedersachsen im Bereich Digitalisierung" bietet Fördermittel für den kurzfristigen Ausbau und die Weiterentwicklung laufender und neuer Aktivitäten der Hochschulen im Bereich der Digitalisierung. Auch hier hat die Förderabteilung der Stiftung, gemeinsam mit den Fachkolleginnen und -kollegen im Niedersächsischen Wissenschaftsministerium, im Frühjahr viel Kreativarbeit investiert, um dieses Angebot schnellstmöglich zu veröffentlichen. Über die akute Krisenfinanzierung hinaus werden ab dem kommenden Jahr zusätzliche Millionen Euro in eine neue digitale Gesamtstrategie für Niedersachsens Hochschulen fließen.
Personelle und finanzielle Ressourcen neu bündeln
Dies sind beispielhaft zwei Herausforderungen, denen sich die Stiftung spontan gestellt hat – und deren Konsequenzen den Alltag in der Geschäftsstelle im Moment prägen. Dass neue Ausschreibungen und Stichtage verschoben werden, gibt nicht nur potentiellen Antragstellerinnen und Antragstellern eine Verschnaufpause. So erhält auch die Stiftung den nötigen Spielraum, ihre personellen und finanziellen Ressourcen dort neu zu bündeln, wo sie aktuell am dringendsten nötig sind: Bei der Beratung von Förderprojekten, die wegen Corona in Turbulenzen geraten sind sowie bei der aufmerksamen Beobachtung der Pandemie und des Veränderungsdrucks, den sie auf Wissenschaft und Gesellschaft ausübt. Kurzum, es geht im Moment auch um zukunftsgewandte Fragen: Welche Schlüsse zieht die Stiftung aus der Corona-Krise? Wie sollte sich ihr Förderangebot künftig auf neue, sich gerade erst vage abzeichnende Forschungsfragen ausrichten? Und welche Konsequenzen hat das für die mittel- und langfristige Fördermittelplanung?
Generalsekretär Georg Schütte: "Die VolkswagenStiftung nimmt seit jeher für sich in Anspruch, neue Forschungsfelder zu entdecken, noch bevor deren zukunftsveränderndes Potenzial sichtbar ist. Die Corona-Krise ist zweifellos ein Systemschock. Aber in der Krise liegen ja auch die sprichwörtlichen Chancen. Die versuchen wir gerade mit beträchtlichem Aufwand zu identifizieren und in unsere Förder- und Finanzierungsstrategie einzupassen."
Am Ende gibt es also keinen Grund für Fördersuchende, sich Sorgen zu machen, wenn sie beim Blick auf die Programme vermehrt den Zusatz lesen: "Derzeit keine offene Ausschreibung". Denn das Bewährte wird verlässlich fortgeführt, während sich im Hintergrund Neues bildet. Die Zukunft. Und die wird sich dann auch in neuen Förderangeboten präsentieren.