Die kleinste Wärmekraftmaschine der Welt

Publikation im Wissenschaftsmagazin Science: Wissenschaftler um den Physiker Prof. Dr. Kilian Singer entwickeln eine Wärmekraftmaschine, die mit nur einem einzelnen Atom funktioniert.

Seit der industriellen Revolution spielen Wärmekraftmaschinen in unserer Gesellschaft eine entscheidende Rolle. Sie wandeln thermische Energie in mechanische Arbeit um, zum Beispiel als Motoren in Fahrzeugen, und sind aus unserem modernen Leben nicht mehr wegzudenken. In seiner aktuellen Ausgabe berichtet das Wissenschaftsmagazin Science über eine neuartige Wärmekraftmaschine, die mit nur einem einzelnen, elektrisch geladenem Kalzium-Atom funktioniert.

Wissenschaftler(innen) um Univ.-Prof. Dr. Kilian Singer, Projektleiter an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und inzwischen Professor an der Universität Kassel, nutzten eine sogenannte Paul-Falle, um ein einzelnes, elektrisch geladenes Kalzium-Atom zu speichern. Das Atom wird durch elektrisches Rauschen in Schwingungen versetzt und aufgeheizt. Mittels Laserstrahlen können die Bewegungen wieder gebremst und damit das Atom abgekühlt werden. Somit durchläuft es einen thermodynamischen Kreisprozess, vergleichbar mit den Abläufen im Zylinder eines klassischen Motors. Mit jedem Aufwärm- und Abkühlzyklus vergrößert das Atom seinen Schwingungsradius und speichert so Energie – und nimmt daher sowohl die Rolle des Motors als auch des Energiespeichers ein.

Wie die Forscher in ihrer Veröffentlichung zeigen, liefert der Ein-Atom-Motor eine Leistung von 10-22 Watt und hat eine Effizienz von 0,3 Prozent. "Durch die Umkehr des Kreisprozesses können wir die Maschine als einatomigen Kühlschrank betreiben und damit gekoppelte Nanosysteme kühlen", erklärt Johannes Roßnagel, Erstautor der Studie. Besonders wichtig an diesen Forschungen ist aber, dass ein derartiger Nanomotor einen Einblick in ein hochaktuelles Forschungsgebiet erlaubt: die Thermodynamik einzelner Teilchen.

Die Experimente wurden in der Arbeitsgruppe QUANTUM am Institut für Physik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz aufgebaut und in Zusammenarbeit mit theoretischen Physikern der Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt.

Blick in die Vakuumkammer, in der sich die Atom-Falle befindet. (Foto: AG Quantum)

Veröffentlichung

J. Roßnagel et al., A single-atom heat engine, Science352:6283, 325-329, 15. April 2016, 
DOI:10.1126/science.aad6320

Hintergrund

Kilian Singer wird mit seinem Projekt "Atomarer Nanoassembler" im Rahmen der Förderinitiative "Integration molekularer Komponenten in funktionale makroskopische Systeme" von der VolkswagenStiftung gefördert. Mit dieser Initiative werden Projekte aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Medizin unterstützt, die eine Verknüpfung molekularer oder nanoskaliger Einheiten zu komplexeren Funktionssystemen anstreben.

Teil des Lasersystems, mit dem das Atom abwechselnd geheizt und gekühlt wird. (Foto: AG Quantum)