Drei Millionen Euro für neue Lichtenberg-Professuren

Von der Krebsforschung bis hin zur Lichtenergie: Mit insgesamt 3,55 Millionen Euro fördert die Stiftung drei neue Lichtenberg-Professuren.

Mit den Lichtenberg-Professuren werden bereits seit 2004 herausragende Wissenschaftler(innen) gefördert, die interdisziplinäre und innovative Forschungsprojekte verfolgen. Das Kuratorium der VolkswagenStiftung hat in seiner letzten Sitzung drei neue Vorhaben bewilligt.

Dr. Jens Marquardt

wird an der Universität Mainz eine Lichtenberg-Professur mit dem Titel "Molecular evolution and progression of liver cancer: from tumor-prevention to therapeutic approaches" inne haben. Im Fokus seines Projekts steht die Erforschung des mehrstufigen Entstehungsprozesses von Leberkrebs (sog. Hepatozelluläre Karzinome, kurz: HCC). Als Langzeitziel möchte er dadurch neue präventive Strategien und therapeutische Ansätze entwickeln können. In seinem Projekt wird Dr. Marquardt dazu zum einen im Mausmodell experimentell erforschen, welche Faktoren die Krebsentstehung begünstigen. Zum anderen möchte er anhand von HCC-Proben das Spektrum der genetischen Veränderungen im Tumorgewebe erfassen, um gezielte chemotherapeutische Maßnahmen zu entwickeln, die das Zellwachstum hemmen. "Besonders auf diesem Gebiet der individualisierten Präzisionsmedizin möchte ich Beiträge zum Erkenntnisgewinn leisten", erklärt der promovierte Mediziner. "Trotz intensiver Forschung ist in den letzten sieben Jahren kein neues Medikament gegen Leberzellkarzinome auf den Markt gekommen. Hier besteht dringend Handlungsbedarf!"

Dr. Jens Marquardt forscht zum Thema Leberkrebsentstehung. (Foto: Jens Marquardt / Privat)

An der Technischen Universität München wird die Professur von Christian Kühn, PhD, mit dem Titel "Multiscale Dynamical Systems near Instability" etabliert werden. Er forscht um Fragen danach beantworten zu könne, warum ein Ökosystem plötzlich sein stabiles Gleichgewicht verliert oder warum sich Nervenzellen im Gehirn bei neurologischen Erkrankungen plötzlich ganz anders verhalten, als zuvor? Er möchte neue mathematische Methoden in den Naturwissenschaften entwickeln, um Vorgänge in solch komplexen Systemen besser vorhersagbar zu machen. Für mathematische Beschreibungen verwendet man vor allem sog. Differentialgleichungen. Für komplexe Systeme, wie Ökosysteme, neuronale Prozesse oder auch chemische Reaktionen, tritt in diesen Gleichungen häufig das Phänomen der Skalentrennung auf, um zusammenhängende Prozesse, die jedoch nicht unbedingt gleichzeitig und gleich schnell ablaufen, beschreiben und auch simulieren zu können. Als ein Beispiel für die Trennung von Zeitskalen lassen sich etwa chemische Reaktionen mit sehr vielen Molekülen anführen, bei denen nicht alle Reaktionen gleich schnell ablaufen, sondern einige schneller und andere langsamer. Dieser Effekt lässt sich mathematisch nutzen, um das System von Differentialgleichungen, das den gesamten chemischen Reaktionsprozess beschreibt, effektiv zu analysieren oder numerisch zu berechnen.

Christian Kühn, PhD, untersucht komplexe Systeme. (Foto: Christian Kühn / Privat)

An der Universität Potsdam wird Dr. Markus Gühr eine Professur innehaben, deren Thema "Erforschung der Energiekonversion in lichtangeregten Zuständen mit extrem ultravioletten Laserpulsen" heißt. Darin möchte der Wissenschaftler die Wechselwirkungen von Molekülen mit Licht untersuchen, wie sie überall in der Natur, z. B. bei der Photosynthese, zu finden sind. Gühr interessiert insbesondere, wie das Licht in Molekülen in andere Formen von Energie umgebaut wird – und warum dies bei manchen sehr selektiv geschieht. Beispielsweise wird in den Netzhautzellen des menschlichen Auges bei Lichteinfall in bestimmten Proteinen innerhalb von wenigen hundert Femtosekunden eine chemische Bindung umgebaut. Dadurch entsteht ein elektrochemisches Signal, das über den Sehnerv ins Gehirn gelangt und dort wahrgenommen wird. Physikalisch könnte die Energie des Lichts aber genauso gut zu Hitze oder Ladungstransfer im Molekül führen. Dies geschieht jedoch nicht, da der Umbau der speziellen Bindung extrem schnell vonstattengeht und so konkurrierende Prozesse im Wettrennen um Energiekonversion das Nachsehen haben. Für seine Untersuchungen nutzt Gühr ultraschnellen Lichtblitze mit sehr kurzen Wellenlängen, um das Verhalten von Molekülen zu beobachten. "Wenn diese Prozesse einmal verstanden sind, kann man versuchen, Moleküle künstlich so zu gestalten, dass sie zum Beispiel Solarzellen mit höherer Effizienz oder längerer Lebensdauer ausstatten", erklärt der Wissenschaftler.

Die Förderinitiative Lichtenberg-Professuren

Mit den "Lichtenberg-Professuren" kombiniert die VolkswagenStiftung die personen- und institutionsbezogene Förderung: Indem herausragende (Nachwuchs-)Wissenschaftler(innen) eine Tenure-Track-Option an einer selbst gewählten deutschen Universität erhalten, bekommen sie die Möglichkeit, eigenständig und langfristig in innovativen und interdisziplinären Bereichen zu forschen. Der nächste Stichtag für Einreichungen von Anträgen ist der 2. Juni 2015, weitere Stichtage folgen in 2016 und 2017. Mehr Informationen finden Sie unter "Lichtenberg-Professuren".

Dr. Markus Gühr untersucht Wechselwirkungen von Molekülen mit Licht. (Foto: Thomas Wolf)