Gutachten: Deutschland bleibt offen gegenüber Religionen von Migranten
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Migration und Integration fordert in seinem neuen Jahresgutachten europaweite Standards zur Verbesserung der Religionsfreundlichkeit.
Für sein Jahresgutachten 2016 hat der Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Migration und Integration (SVR) seinen Fokus auf den staatlichen Umgang mit der religiösen Vielfalt in Deutschland gerichtet, im speziellen auf den Islam. Dabei zeigte sich: "Die rechtlich-institutionelle Integration des Islam ist viel weitreichender und erfolgreicher verlaufen, als oft angenommen wird", erklärt Prof. Dr. Christine Langenfeld, Vorsitzende des SVR. Trotzdem wird laut Gutachten bei den derzeit starken Zuwanderungen von muslimischen Flüchtlingen ein ambivalentes Meinungsbild sichtbar. Zwar gebe es eine hohe Zustimmung für islamischen Religionsunterricht, jedoch werde der Islam nicht als Teil Deutschlands gesehen.
Durch die Förderung der institutionellen Gleichstellung des Islams wollen Staat und Politik dieser Meinungskluft entgegen wirken. In diesem Zuge wurde die islamische Theologie an Universitäten und Schulen eingeführt, sowie der Bau von Gebetsstätten zur praktischen Religionsausübung gefördert. "Nun sind die Muslime am Zug, um den begonnenen Prozess der institutionellen Gleichstellung weiter voranzubringen", sagte Langenfeld.
Grenzen der Religionsfreiheit
Menschen mit und ohne Migrationshintergrund bewerteten das Integrationsklima in Deutschland als weitgehend freundlich. Mit steigender ökonomischer Situation verbessere sich diese Sichtweise auf das Integrationsklima sogar noch. Auch häufige soziale Kontakte zu Flüchtlingen wirken sich positiv auf die Einschätzung aus. Befürwortet würden unter anderem der Moscheenbau in der Nachbarschaft und der islamische Religionsunterricht als wählbares Unterrichtsfach. Eine religiös motivierte Unterrichtsbefreiung, zum Beispiel für den Sport-, Schwimm- oder Biologieunterricht, dürfe es laut dem SVR-Gutachten aber nicht geben. Hier gelte ein klarer Vorrang der Schulbesuchspflicht. Vor dem Hintergrund religiöser Diskriminierung am Arbeitsplatz, speziell im kirchlichen Arbeitsrecht, forderte der SVR ein maßvolles institutionelles Agieren dieser Religionsgemeinschaften. Im Allgemeinen erschwere die Religion aber nicht die Teilhabe an Bildung und am Arbeitsmarkt. Entscheidender Faktor sei und bliebe hierfür der soziale Hintergrund.
Um dem steigenden Flüchtlingsströmen auch in Zukunft adäquat begegnen zu können, forderte der SVR auf EU-Ebene eine kohärente Migrations- und Entwicklungspolitik. Ein klug konzipiertes Migrationsmanagement, bei dem Außenarbeitsmarkt- und entwicklungspolitische Überlegungen ineinandergreifen, sei notwendiger denn je.
Weitere Informationen zur gemeinsamen religionspolitischen und gesellschaftlichen Verantwortung sowie eine Reihe von Infografiken sind im vollständigen Jahresgutachten 2016 zu finden.
Hintergrund: Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Neben diesen beiden gehören ihr folgende Stiftungen an: Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Vodafone Stiftung Deutschland.