Kleine Teile mit großer Wirkung
Nahezu jeder hat schon einmal von Nanoteilchen gehört. Und von den vielversprechenden Möglichkeiten, die sich durch ihren Einsatz ergeben. Sei es als Schutz vor UV-Strahlen in Sonnencremes, als Weißmacher in der Zahnpasta, für selbstreinigende Oberflächenbeschichtung (Lotus-Effekt) oder als Pigmente in Lackfarben: Die Wissenschaft forscht auf ganz verschiedenen Feldern an Möglichkeiten, Nanopartikel sinnvoll einzusetzen. Doch wo genau liegen diese Einsatzgebiete? Warum kann ausgerechnet die Nanotechnologie für unsere heimische Wirtschaft ein besonders wichtiges Thema für die nahe Zukunft werden? Und was passiert mit dem Menschen, wenn er in Kontakt mit Nanoteilchen kommt? Besteht ein gesundheitliches Risiko?
Die Experten, die auf dem Herrenhäuser Forum "Von Zwergen und Fußbällen: Was steckt hinter der Nanotechnologie?" zu Gast waren, haben sich der Beantwortung dieser Fragen gewidmet. Prof. Dr. Ralf Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik, erklärte in seinem Einführungsvortrag, dass "Nano" eigentlich nur ein Maßstab ist. Als Nanoteilchen bezeichnet man alle Partikel, egal aus welchem Material, deren Größe zwischen 0,000000001 und 0,0000001 m liegt. Allerdings herrsche bei manchen der Irrglaube, dass Nanoteilchen eine Art moderner Erfindung wären. Im Gegenteil: Menschen machten sich Nanoteilchen bereits früh zu Nutze, zum Beispiel als Kerzenruß, den sie für Rußtinte verwandten. Zudem berichtete Wehrspohn, dass wir in unserer Umwelt ständig von Nanoteilchen umgeben sind – beispielsweise in Form von kleinsten Sandkörnern, die durch die Luft wirbeln. Auch gewährte er einige tiefergehende Einblicke in die Mikroskopietechnik, mit der sich heutzutage Nanopartikel und sogar einzelne Atome sichtbar machen lassen. Ebendiese Erforschung der Nanoteilchen durch die Wissenschaft hat in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Partikel und die Gefahren, die von ihnen ausgehen könnten, erzeugt. Dass dieses bewusste Wahrnehmen einer noch nicht komplett erforschten Technologie im Fall der Nanowissenschaften mit deutlich weniger Widerstand stattfindet, als es beispielsweise im Bezug auf Atomkraft oder grüne Gentechnik der Fall war, kam in der Podiumsdiskussion des Abends zur Sprache.
Neben Prof. Dr. Wehrspohn nahmen Prof. Dr. Stephan Förster, Chemiker an der Universität Bayreuth, sowie der Physiker und Philosoph Prof. Dr. Armin Grunwald, der als Technikfolgenabschätzer tätig ist, zu den Fragen des Moderators Prof. Dr. Carsten Könneker, Chefredakteur der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft, Stellung. Die Wahrnehmung der Nanowissenschaften vor allem als technologische Möglichkeit und nicht als Bedrohung führen die Diskutanten auf eine bessere Aufklärungsstrategie der Bevölkerung durch Forschung und Politik zurück. Über die Einsatzgebiete, auf denen Nanoteilchen vielversprechende Perspektiven eröffnen, wusste Prof. Dr. Förster einiges zu berichten. Beispielsweise zählt dazu die Materialforschung: Hier könnten nanostrukturierte Werkstoffe auf Kohlenstoffbasis in Zukunft einen günstigen Ersatz für die teuren Seltenen Erden liefern. Dieser Bereich könne für das - relativ gesehen - rohstoffarme Deutschland in Zukunft wichtig werden, erklärte der Chemiker. Einen anderen Ansatzpunkt biete die Medizin, bei der die Forschung unter anderem versucht, mithilfe von Partikeln im Nanoformat Krebszellen gezielt anzugreifen und zu zerstören.