Auch wenn es bis zur Marktreife noch dauern wird, das Patent ist angemeldet. Im Juli berichteten Medien international über die Entdeckung und das Team dahinter. In der Wissenschaft war Inge Herrmanns Team zu dem Zeitpunkt längst bekannt. Anfang 2024 machte es mit einer Lasertechnologie zum Verschluss offener Wunden von sich Reden. Davor erfand es ein Darmpflaster, das Alarmsignale aussendet, wenn dies durchlässig zu werden droht.
Inspiration: Vielfalt im Team und Blick über den Tellerrand
Herrmann arbeitet bevorzugt dort, wo andere aufhören: an der Schnittstelle zwischen Chemie, Materialwissenschaft, Ingenieurswesen und Medizin. Dort erobert sie Neuland für die Wissenschaft. Die Schlüssel dorthin sind für sie Vielfalt im Team und intensive Gespräche mit Menschen aus komplett anderen Branchen – das kann auch am Tisch mit Freunden beim Essen sein.
Die Kommunikation über Disziplinen und Branchen hinweg ist natürlich anspruchsvoll, sie kostet Zeit und Energie. "Die Komfortzone ist nicht der Ort, an dem Magie passiert", lautet Herrmanns Motto. Ihr Engagement für die Wissenschaft zeigt sich auch in ihrem Lebenslauf: Geboren 1985, studierte sie ab 2003 Chemieingenieurwesen an der ETH Zürich und der TU Delft, um schon sechs Jahre später in ihrer Doktorarbeit ein magnetbasiertes Verfahren zur Blutreinigung zu präsentieren, das später in Harvard weiterentwickelt wurde.
Im Ingenuity Lab will sie Materialinnovationen in die Klinik bringen
Nach Forschungsstationen in den USA (University of Illinois, Chicago) und UK (Imperial College London) kam sie 2015 zurück in die Schweiz. Mittlerweile ist Herrmann nicht nur Professorin an der Uni Zürich und Dozentin an der ETH Zürich. Sie leitet zudem ein Team am Materialwissenschaftslabor der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Und – seit September 2023 – ist sie nun auch Chefin des Ingenuity Lab an der Uniklinik Balgrist in Zürich. Das Lab will Materialinnovationen in die Klinik bringen.
Vier Hüte auf einem Kopf – wie geht das? Herrmanns Antwort ist verblüffend einfach: So lasse sie Promovierenden und Postdocs möglichst viel Freiraum und unterstütze nur dort, wo es nötig sei. Start-ups überlässt sie lieber den Forschenden im Team. Und auch bei Publikationen steht ihr Name eben längst nicht immer an erster Stelle. Erstautor der Endometriose-Studie zum Beispiel ist Alexandre Anthis.
Dieser Beitrag ist am 12. September im Research.Table Briefing von Table.Media erschienen.