Studie: Wie würde die Bevölkerung knappen Impfstoff verteilen?
Wie sähen Impfstrategien national wie international aus, wenn die Bevölkerung entscheiden könnte? Das will ein Team um Oldenburger Politikwissenschaftler in einer Studie herausfinden.
Die Entwicklung von Impfstoffen ist nur der erste Schritt: So lange sie nur in begrenzten Mengen zur Verfügung stehen, müssen Strategien zur Verteilung entwickelt werden. Jede Nation geht dabei ihren eigenen Weg, vorgegeben von der Politik. Doch wie sähen die Impfstrategien innerhalb einzelner Länder aus, und wie die Verteilung der Vakzine über nationale Grenzen hinweg, wenn die Bevölkerung entscheiden könnte? Diese Frage untersuchen die Politikwissenschaftler Prof. Dr. Markus Tepe und Dr. Michael Jankowski von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg gemeinsam mit Forschenden aus Israel, Dänemark und den USA.
Das Team bereitet ein repräsentatives Online-Experiment mit insgesamt 16.000 Teilnehmenden aus acht Ländern vor (Deutschland, Italien, USA, Brasilien, Südafrika, Australien, China und Japan). Das Projekt "Who should get the vaccine first?" ("Wer sollte den Impfstoff zuerst erhalten?") ist Anfang April gestartet und soll anderthalb Jahre laufen. Finanziell unterstützt werden sie dabei mit einer Small Grant Förderung in Höhe von knapp 112.000 Euro von der VolkswagenStiftung im Rahmen ihrer Initiative "Corona Crisis and Beyond – Perspectives for Science, Scholarship and Society".
"Das Verteilen von Impfstoff zu regulieren, ist eine globale Herausforderung für die Politik", sagt Projektleiter Tepe. Bei einem solch knappen Gut und zugleich hoher Nachfrage seien Konflikte um die Verteilung innerhalb und zwischen Ländern unabwendbar. Doch welche Lösungen befürworten die Bürgerinnen und Bürger? Bevorzugen sie eher ein System der weltweiten Verteilung – wie von der Weltgesundheitsorganisation WHO angestrebt? Oder sollten nach ihrer Ansicht nationale Interessen generell den Vorrang erhalten, wenngleich dies andere Länder benachteiligen oder auch das eigene Land im Wettlauf um Impfstoffentwicklung und -produktion hinten liegen könnte? Die Forschenden möchten wissen, unter welchen Bedingungen eine solidarische Verteilung von Impfstoffen zwischen den Ländern des globalen Nordens und Südens überhaupt möglich ist. Denn diese, so Tepe, gelte als "ein Erfolgsfaktor für die Bekämpfung zukünftiger globaler Epidemien".
Hintergrund
Die VolkswagenStiftung richtete das Förderangebot "Corona Crisis and Beyond – Perspectives for Science, Scholarship and Society" im Mai 2020 als Reaktion auf die Coronavirus Pandemie ein. Sie unterstützt damit Forschungsvorhaben aus allen Disziplinen, deren Erkenntnisgewinn nicht nur unmittelbar zur Bewältigung der Krise beiträgt, sondern ebenso Impulse für eine mittel- bis langfristige Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen geben kann. Von 1.107 eingereichten Small Grant Anträgen wurden im Dezember 2020 102 bewilligt. Mittlerweile ist die Initiative beendet.