Wer leitet die Museen von morgen?
Abschluss von "Museion21. Die Museumsakademie": Die Teilnehmer(innen) des Programms zur Weiterbildung und Kompetenzentwicklung der kommenden Führungskräfte in Museen trafen sich am 12. und 13. Juni 2017 im Schloss Herrenhausen in Hannover.
"Wer ein gutes Museum führen will, muss nicht nur bewahren, sondern auch zerstören können", sagte jüngst die Direktorin des Bremer Überseemuseums, Wiebke Ahrndt, in einem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung. Schließlich würden Ausstellungen altern und die Fragestellungen der Besucher sich ändern. Sicher leichter gesagt als getan – da "Menschen, die im Museum arbeiten, einen starken Bewahrungsimpuls haben", berichtete Ahrndt. Wie also schafft man den Weg ins Neue? Welche Fähigkeiten benötigt ein(e) Kurator(in) oder künftige(r) Leiter(in) eines Museums? Und: Welche Vorstellungen formen ein Museum, das auch übermorgen noch von sich reden macht?
Wer künftig einmal ein Museum leiten oder an verantwortlicher Stelle dort arbeiten will, wird auf solche Fragen Antworten haben müssen. Führt man sich vor Augen, dass gerade in den kommenden Jahren viele dieser Positionen zur Neubesetzung anstehen, dann dürfte es zahlreiche Nachwuchskräfte geben, die gern das dafür erforderliche Know-how erwerben wollen.
Generationswechsel steht an
Der "Generationswechsel" wird sowohl die Institution Museum als auch die dort Beschäftigten vor Herausforderungen stellen, aber auch immense Chancen bergen. Genau das hat vor Jahren bereits die Alfred Toepfer Stiftung erkannt und mithilfe von vier Partner(inne)n (Körber-Stiftung, VolkswagenStiftung, Kulturstiftung der Länder, Deutscher Museumsbund) 2014 "Museion21. Die Museumsakademie", ein Akademieprogramm für Nachwuchsführungskräfte, ins Leben gerufen. Ziel war es, jene weiterzubilden und zu vernetzen, die die Zukunft der deutschen Museen gestalten und mithin dort eine Führungsfunktion wahrnehmen (werden).
Das Unterstützungsangebot geht dabei weit über eine Finanzierung des Engagements der Teilnehmenden hinaus. "Gemeinsam haben wir schnell festgestellt, dass auf verschiedenen Ebenen Handlungsbedarf besteht, die Museen hierzulande bei ihrem Weg in die Moderne zu unterstützen", sagt Dr. Adelheid Wessler, die bei der VolkswagenStiftung das Museumsengagement verantwortet.
Insgesamt drei Mal wurde das Angebot "Museion21. Die Museumsakademie" ausgeschrieben. In einem mehrstufigen Bewerbungsprozess wurden jeweils zwanzig Teilnehmer(innen) ausgewählt. Am 12. und 13. Juni treffen sich die 60 Geförderten nun im Schloss Herrenhausen in Hannover zu einer vorläufigen Abschlusstagung des Akademieprogramms. Sie setzen sich zusammen aus festangestellten und freiberuflichen Mitarbeiter(inne)n, Mitgliedern der Leitung, Kurator(inn)en, Sammlungsleiter(inne)n, Öffentlichkeitsarbeiter(inne)n und Wissenschaftler(inne)n. Und ein Blick auf ihre Wirkungsstätten zeigt, dass die Museumslandschaft hierzulande flächendeckend davon profitiert hat. Manch eine(n) zog es letztlich sogar in die Wissenschaft, die Museumsforschung etwa.
Museumslandschaft von morgen entwickeln
"Das Programm hat eine ungeheure Schubkraft ausgeübt", sagt Susan Kamel, Stipendiatin aus dem Museion21.-Jahrgang 2014, die inzwischen Professorin für Sammeln und Ausstellen in Theorie und Praxis an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin ist. "Das war so befruchtend damals, gut zwanzig Museumsleute mit unterschiedlicher Erfahrung und unbändiger Lust, konstruktiv, kreativ und kooperativ zusammen zu denken, zu diskutieren und gemeinsam die Vision einer Museumslandschaft von morgen zu entwickeln!"
Die einzelnen Seminare im Zuge des Akademieprogramms umfassten insgesamt vier Module à vier Tage. Zum einen wurden ganz grundlegende Managementkompetenzen geschult wie Personal- und Selbstführung, Kommunikation, Strategieentwicklung, Finanzierung oder Krisen- und Konfliktmanagement. Profilierte Personen aus der Museumswelt, aber auch aus Wirtschaft, Politik und Kulturförderung gaben Impulse und leiteten die Workshops. Die Teilnehmenden waren immer wieder gefordert, die eigene Selbstwirksamkeit zu reflektieren oder für ihre Haltungen und Meinungen auch Zustimmung zu "organisieren". Ebenso sollten sie grundlegende Visionen für ein Museum skizzieren; dann wiederum galt es, konkrete Inhalte bis hinein in einzelne Details für ein Museum der Zukunft zu entwickeln. Parallel dazu setzten sie sich mit Umsetzungsfragen auseinander und probten den Umgang mit Krisen und Konflikten.
Viele Anregungen für die Zukunft
"Das Angebot war von vorn bis hinten stimmig", fasst die ehemalige Stipendiatin Kamel zusammen: "durch die Trainer, die sehr gezielt und zugleich auf vielfältige Weise dazu anregten, eigene Potenziale zu erkennen und wirkungsvoll einzusetzen, durch die eingeladenen Experten, die extrem wertvolle Einblicke in ihre Arbeit und ihre Strategien gaben, und ganz besonders durch die überaus engagierten Teilnehmer. Museion wird für mich vor allem deshalb nie enden, da ich so viele Anregungen mitgenommen habe und sich aus der Gruppe heraus zahlreiche spannende Kontakte ergaben!"
Darüber hinaus seien Vorstellungen von der Institution Museum, die anderswo längst etabliert seien, durch Museion21. endlich auch hierzulande verankert worden. Als Beispiel nennt Kamel die Diskussion um das Selbstverständnis eines Museumskurators, den der Leiter des Stadtmuseums Berlin, Paul Spies, künftig eher als "Urban Curator" sieht: "Kuratorinnen und Kuratoren müssen heute mit einem Bein in der Sammlung stehen, mit dem anderen gleichen Gewichts in der Gesellschaft". Paul Spies wird sich auch am 12. Juni einbringen, wenn er am ersten der beiden Abschlusstage den Impulsvortrag hält zum Thema "Führungskompetenzen für das Museum der Zukunft".
Dr. Christian Jung