Wie ein Klo für Kühe das Klima schonen könnte

Im Kampf gegen die globale Klimaerhitzung steht speziell die Rinderhaltung immer wieder im Fokus, denn die Tiere verursachen große Mengen Treibhausgase. Hier setzen Forschende aus Deutschland und Neuseeland an - und schicken Kühe auf die Toilette. 

Das Team vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), der University of Auckland und des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit haben in einem Projekt untersucht, wie Kühe darauf trainiert werden können, ihren Urin nur an bestimmten Stellen im Stall abzulassen. So können die Ausscheidungen gesammelt und behandelt und dadurch Emissionen reduziert werden. Denn: Das durch Kühe ausgeschiedene Ammoniak ist zwar selbst nicht direkt ein Treibhausgas, wird jedoch im Boden über Mikroben zu klimawirksamen Distickstoffoxid umgewandelt. Ihre Ergebnisse hat die Gruppe nun im Magazin "Current Biology" veröffentlicht.

"Normalerweise geht man davon aus, dass Rinder nicht in der Lage sind, ihren Stuhlgang oder ihr Urinieren zu kontrollieren", sagt Dr. Jan Langbein vom Institut für Verhaltensphysiologie am FBN. "Rinder sind, wie viele andere Tiere oder Nutztiere auch, ziemlich intelligent und lernfähig. Warum sollten sie nicht auch lernen können, wie man eine Toilette benutzt?"

Urinierte die Kuh im Experiment in der Latrine, erhielt sie im Anschluss zur Belohnung etwas zu fressen. (Foto: Nordlicht/FBN)

Trainiert wurde in eigens für Kälber errichteten Latrinen. Urinierten die Tiere außerhalb der Latrine, wurden sie mit einer kurzen Dusche bestraft. Belohnt wurden sie dagegen nach einer Urinausscheidung in der Latrine. "Man muss versuchen, die Tiere in den Prozess einzubeziehen", erläutert Dr. Langbein. Im Laufe einiger Wochen gelang es dem Forschungsteam, elf der 16 Kälber erfolgreich zu trainieren. 

Dabei zeigten die Kälber ein Leistungsniveau, das mit dem von Kindern vergleichbar und dem von sehr jungen Kindern überlegen war. Langbein ist optimistisch, dass sich diese Erfolgsquote mit mehr Training weiter verbessern lässt. "Nach zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren Forschung mit Rindern wissen wir, dass Tiere eine eigene Persönlichkeit haben und mit verschiedenen Dingen auf unterschiedliche Weise umgehen. Sie sind nicht alle gleich." Die Ergebnisse des abgeschlossenen Projektes sollen nun in Ställen und auf Freilandanlagen in der Praxis getestet werden. Gelingt dies, kann der gezielte Toilettengang der Kühe nicht nur die entstehenden Treibhausgasemissionen senken, sondern zeitgleich auch die Sauberkeit vor Ort erhöhen und so das Infektionsrisiko für die Tiere senken. 

Der Artikel "Learned control of urinary reflexes in cattle to help reduce greenhouse gas emissions" (Current Biology, Vol. 31, Issue 17, 2021) ist kostenlos abrufbar.

Hintergrund 

Die VolkswagenStiftung unterstützte die Forschenden im Rahmen der Förderinitiative "Offen ‒ für Außergewöhnliches". Im Fokus der Initiative standen beispielgebende Vorhaben, die sich durch besondere Originalität, Wagnis und Potenzial auszeichnen und die in kein gängiges Förderraster passen. Im Zuge der strategischen Neuausrichtung der Stiftung wurde sie mittlerweile beendet.

Urinierte die Kuh jedoch nicht in die Latrine (grüner Untergrund), wurde sie durch eine kurze Dusche "bestraft". (Foto: Nordlicht/FBN)