Wieviel Literatur steckt in Dylans Texten? Ein Blick auf das Werk des Nobelpreisträgers

Literaturwissenschaftler Heinrich Detering legte bei einer Veranstaltung am 14. Dezember die Bedeutungsschichten in Bob Dylans Werk frei und enthüllte eine faszinierende Collagetechnik mit Shakespeare als zentraler Quelle.

Am Ende des Bob Dylan gewidmeten Abends im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen stand dem Publikum das Bild eines höchst eigenwilligen Textgestalters vor Augen, dem die Welt der Literatur von Aischylos bis Baudelaire vertraut ist und der Zitate und Anklänge virtuos einzusetzen weiß. Auf Einladung der VolkswagenStiftung stellte Professor Heinrich Detering, Literaturwissenschaftler an der Universität Göttingen, einige Ausschnitte seiner Analyse der Songtexte Dylans vor. Er bekehrte damit so manche Skeptiker unter den Zuhörerenden, die sich zunächst nicht von der Nobelpreiswürdigkeit des Sängers überzeugt gezeigt hatten.

Shakespear-Texte in Collage- und Montagetechnik

Im Zentrum des Vortrags stand die enge Verbindung zu Shakespeare-Texten
und -Motiven. Dylan baut diese in seiner spezifischen Collage- und Montagetechnik immer wieder ein: im Originalton und auch abgewandelt und verfremdet. So kamen sie etwa in amerikanischen Minstrel-Shows des 19. Jahrhunderts vor. Neben den häufig eher verborgenen Spuren zu Shakespeare gibt es aber auch klare Aussagen des Songwriters über diese Bezüge. Dylan bezeichnete seine Lieder einmal als in der Tradition von "mystery plays of Shakespeare’s time" stehend. Und Detering zitiert auch Dylans respektlos-respektvolle Anerkennung für den Dichter-Kollegen: "As usual, Willie the Shake said everything you need to say". Ausführlich auf die zahlreichen Verbindungen zum englischen Dramatiker geht Detering auch in seinem 2016 bei Beck erschienenen Buch "Die Stimmen aus der Unterwelt. Bob Dylans Mysterienspiele" ein.

Einblicke in Person und Werk Bob Dylans

Durch das anschließende Gespräch zwischen Kulturjournalist Stephan Lohr und Heinrich Detering wurden an diesem Abend in Herrenhausen weitere interessante Einblicke in Person und Werk Bob Dylans möglich. Die abschließende Bewertung, was die Preiswürdigkeit des Songwriters und seine ungewöhnliche Reaktion auf die Ehrung aus Stockholm betrifft, musste jede(r) Veranstaltungsbesucher(in) - natürlich - selbst vornehmen.

Ausgezeichnet: Nach der US-Freiheitsmedaille (2012) folgte für Bob Dylan nun der Literaturnobelpreis 2016. (Foto: nasa.gov via Wikimedia Commons)