Neun stolze Freigeist-Fellows erhielten am 13. September ihre Urkunden von Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, bei einer feierlichen Preisverleihung und Zaubershow im Schloss Herrenhausen in Hannover.
Die Freigeist-Fellowships der VolkswagenStiftung richten sich an ungewöhnliche und mutige Querdenker aus allen Fachgebieten in den ersten vier Jahren nach ihrer Promotion. Der Begriff spiegelt die fachliche Offenheit des Programms wider, die ausgewählten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen über das Bekannte hinausdenken und fachliches Neuland betreten.
Rund 90 Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler reichten im vergangenen Oktober ihre Anträge ein. Neun von ihnen überzeugten das internationale Gutachtergremium der Stiftung mit ihren spannenden Projektideen: Sie widmen sich etwa der Rolle der deutschen Bauwirtschaft in der Globalisierung, entwickeln neue Modelle zur Vorhersage von Extremereignissen oder erforschen neue Technologien für die Musikwahrnehmung bei Hörverlust.
Workshop "Neu gefördert"
Das Freigeist-Team der Stiftung um Johanna Brumberg und Oliver Grewe informierte die "Neuen" vormittags über die flexiblen Module der Förderinitiative, etwa über familienbezogene Leistungen und Zusatzmittel für Kommunikation, und unterstützte bei Austausch und Networking.
Am Abend überreichte Generalsekretär Wilhelm Krull im Rahmen einer festlichen Veranstaltung die Freigeist-Urkunden – in Anwesenheit von etwa 50 Gästen aus dem privaten und wissenschaftlichen Umfeld der Fellows.
Zaubershow mit echten Überraschungseffekten
Durch das Abendprogramm, in dessen Rahmen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch ihre Projekte vorstellten, führte der Zauberkünstler Thomas Fraps. Er fand einen überzeugenden Weg, um aus einer Zitrone mögliche neue Fördermittel zu generieren – und las buchstäblich die Gedanken der Gäste.
Die neuen "Freigeister" starten in den nächsten Monaten mit ihren Forschungsvorhaben an verschiedenen deutschen Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Das Fellowship bietet ihnen maximalen Freiraum und eine klare zeitliche Perspektive für ihre Forschung.
Niklas Boers setzt sein Projekt Predicting Abrupt Transitions and Extreme Events in the Earth System an der Freien Universität Berlin um. Mithilfe aktueller Techniken aus dem Machine Learning und Neuronaler Netzwerke möchte er die Vorhersage von Extremereignissen im Erd- und Klimasystem verbessern.
Die Physikerin Darya Gorelova wird zur Umwandlung von Licht in Elektrizität forschen, um neue Perspektiven für Photovoltaik und Solartechnologie zu eröffnen. Ihr Forschungsprojekt zur Dynamik von sogenannten Exzitonen – Seeing Excitons in Motion – realisiert sie an der Universität Hamburg.
Der Historiker Robert Kramm untersucht in seinem Forschungsprojekt Radical Utopian Communities: Global Histories from the Margins, 1900-1950 an der Universität München Kommunen mit radikalen utopischen Vorstellungen aus globaler Perspektive als Beispiel für die weltweite Verflechtung und Mobilität in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Monika Motylinska untersucht am Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung, Erkner, in ihrem Projekt Conquering (with) Concrete. German Construction Companies as Global Players in Local Contexts die Rolle der deutschen Bauwirtschaft in der Globalisierung. Mit Fallstudien in Brasilien, Indien, Nigeria, Kamerun und Sri Lanka beleuchtet sie, wie der deutsche Architekturexport des 20. Jahrhunderts sich an unterschiedliche lokale Bedingungen angepasst hat, und wie mit diesem Erbe umgegangen wird.
Der Ethnologe Alessandro Rippa erforscht in seinem Projekt "Environing Infrastructure: Communities, Ecologies, and China's Green Development in Contemporary Southeast Asia" an der Ludwig-Maximilians-Universität München, welche Auswirkungen auf die Umwelt Chinas Infrastrukturvorhaben in Südostasien haben.
Jürgen Schaflechner untersucht an der Freien Universität Berlin gegenwärtige Lebenswelten religiöser Minderheiten in Indien und Pakistan. Besonderes Augenmerk liegt in seinem Projekt The Populism of the Precarious: Marginalization, Mobilization, and Mediatization of South Asia's Religious Minorities auf dem Einfluss sozialer Medien auf heutige politische Landschaften und der Frage, wie Religion und Populismus die Konzepte "Staatsbürgerschaft" oder "Volk" konstruieren.
Der Musikpsychologe Kai Siedenburg erforscht an der Universität Oldenburg, wie schwerhörigen Menschen ein besserer Musikgenuss verschafft werden kann – in seinem Projekt Musical Scene Analysis and Synthesis for Hearing-impaired Listeners.
Jonas Warneke möchte an der Universität Leipzig in seinem Projekt Synthesizing Tailor-made Materials from Molecular Fragment Ions ein Verfahren entwickeln, mit dem sich aus molekularen Fragmentionen – das sind Bruchstücke von Molekülen – neue Molekularstrukturen erzeugen lassen und damit neue Wege für die chemische Synthese eröffnen.
Die Mathematikerin Nichol Furey untersucht an der Humboldt-Universität Berlin ein spezielles Zahlensystem, die Oktaven, und möchte beweisen, dass sich das Verhalten von Elementarteilchen mithilfe dieses Systems vorhersagen lässt. In ihrem Projekt In-depth Study into the Algebraic Structure of Elementary Particle Physics, geht sie damit der Frage nach, ob hinter den inneren Abläufen der Elementarteilchenphysik eine mathematische Logik steckt.