Veranstaltungsbericht

Weihnachten – stimmungsvoll und nachhaltig

#Xchange #Nachhaltigkeit

Celina Adrion, Nina Hahne

Wie können wir die Weihnachtszeit nachhaltig gestalten - und was macht Weihnachten eigentlich aus? Diesen Fragen sind wir zusammen mit Expert:innen und Publikum bei unserem Herrenhausen Xchange "Merry Xmas, everyone! Nachhaltig feiern und schenken" am 28. November nachgegangen – diesmal im aufhof in der Hannoveraner Innenstadt. Dabei sind einige #ideenfuermorgen zusammengekommen.

Sketch Note zur Veranstaltung

In der Bildergalerie: Die Sketchnotes von Paula Föhr, mit den Kernaussagen der Referent:innen sowie einige der mit dem Publikum gemeinsam erarbeiteten Take-Home-Messages aus der Veranstaltung.

Sketchnote Tauschtreff

Der Tauschtreff in der Südstadt hat auch einen Webauftritt: https://www.tauschtreff.de/.

Sketchnote Verpackung

Mit dem Publikum wurde erarbeitet, wie nachhaltige Verpackung gelingen kann.

Weihnachten Sketchnote

Auch das Thema "Weihnachten als Wettbewerb" kam zur Sprache.

Zeit mit der Familie

80 Prozent der anwesenden Zuschauer:innen gaben Zeit mit der Familie als wichtigsten Punkt für Weihnachten an.

Sketchnote eines Tannebaums

Auch die Option, Weihnachtsbäume im Topf zu kaufen und wieder auszupflanzen, kam als Idee auf.

Bei der anfänglichen Umfrage kam klar heraus, dass sich die Teilnehmenden vor allem eine harmonische Stimmung und gemeinsame Zeit an den Weihnachtstagen wünschen. Weit abgeschlagen dahinter folgten festliches Essen und Dekoration, Geschenke hingegen bekamen keine einzige Stimme. Wenn man die Ergebnisse dieser nicht-repräsentativen Umfrage auf die Bevölkerung übertragen würde, könnte man vermuten, dass sich einer der Hauptkritikpunkte an Weihnachten, nämlich übermäßiger Konsum in Form von Geschenken und damit verbundenen Bergen an Müll, schnell in Luft auflösen könnte. Leider ist dies nicht der Fall. In Deutschland fallen allein an Weihnachten rund 400 Millionen Tonnen Verpackungsmüll an. Und Nachhaltigkeitskritik an Weihnachten umfasst noch viele andere Bereiche. 90% der 25 Millionen verkauften Weihnachtsbäume werden ohne Wurzeln – also zum Wegwerfen – verkauft.

Menschen sitzen auf einer Bühne

Das XChange fand im "aufhof" in der Innenstadt Hannovers statt.

Am ersten Weihnachtstag wird ein Drittel mehr Strom verbraucht als an einem durchschnittlichen anderen Tag. Und nimmt man alle Extras zu Weihnachten zusammen (z.B. auch den Weihnachtsbraten und den Flug- und Autoverkehr um die Feiertage) – verursacht jede:r Deutsche durchschnittlich 338 kg Kohlenstoffdioxid allein an den drei Weihnachtsfeiertagen. Dabei liegt der durchschnittliche CO2-Ausstoß pro Person in Deutschland bei 11,5 Tonnen pro Jahr. Trifft die provokante These von Dr. Ingmar Vogelsang vom Nachhaltigkeitsbüro der Landeshauptstadt Hannover also zu, dass es nachhaltige Weihnachten überhaupt nicht gibt?

Geschenke – gut fürs Herz, schlecht für die Umwelt?

Jemandem etwas zu schenken, selbst etwas geschenkt zu bekommen – von dieser Tradition können sich die wenigsten lösen. Am Anfang der Veranstaltung war daher zunächst zu klären, woher der Wunsch bei den meisten Menschen kommt, anderen Geschenke zu machen.

Dr. Evmorfia Karampournioti vom Institut für Marketing und Management der Leibniz Universität Hannover erklärt dies damit, dass Geschenke der Weg seien, besonderen Personen zu zeigen, welchen Stellenwert sie für einen haben. Geschenke zeigen Liebe und Verbundenheit. Ingmar Vogelsang ergänzte noch den Altruismus, also das Schenken vollkommen losgelöst von eigenem Nutzen, als Motivation für Geschenke. In unserer Zeit würden Gaben allerdings sehr häufig dafür genutzt, um zu imponieren und zu zeigen, dass man es sich leisten kann, anderen etwas (Großes) zu schenken. 

Laut Evmorfia Karamournioti, die in ihrer Forschung das Verhalten von Konsument:innen untersucht, könne ein Trend hin zu praktischen, d.h. funktionellen, Geschenken ausgemacht werden. Was benötigt die geschenkte Person wirklich, ist dabei die Leitfrage. Häufig würde die beschenkte Person auch einfach direkt befragt. Hilfreich wäre es, nicht an den Zeitpunkt der Übergabe des Geschenkes zu denken, sondern daran, was die beschenkte Person eine Woche danach mit dem Geschenk machen können wird.

Ein zweiter Trend sei bei nahestehenden Personen das Schenken gemeinsamer Erlebnisse. Ein Grund hierfür wäre die fehlende gemeinsame Zeit im hektischen modernen Alltag.  Schließlich habe auch das Nicht-Schenken zugenommen. Es würde häufiger überlegt, wem man überhaupt etwas schenken möchte, und damit wird die Anzahl der Beschenkten an Weihnachten mittlerweile reduziert.An dieser Stelle holte der Moderator Jan Sedelies auch die Ideen des Publikums an Bord. Einige Vorschläge kamen dabei zusammen: So könne man Spenden an eine Organisation in einem Bereich zu schenken, der der beschenkten Person am Herzen liegt. Auch das Verschenken von Mitgliedschaften in lokalen Vereinen wurde genannt, was neben dem Nutzen für die beschenkte Person auch den Vereinen Unterstützung bringt.

Zuschauerinnen vor einer Bühne

Helen Ahner stellt sich dem Publikum vor.

Ein weiterer Gast aus dem Publikum fokussiert sich inzwischen auf das Verschenken von Pflanzen – diese könne man selbst kostenlos vermehren und fast alle freuen sich über etwas Grünes.  Und schließlich eine bekannte, aber noch nicht weit verbreitete Praxis: Das Schenken von gebrauchten Gegenständen. Das kann aus dem eigenen Haushalt sein, aber auch – ganz konkret in Hannover – z.B. vom Tauschtreff in der Südstadt. Dort kann man selbst Dinge mitbringen, die man nicht mehr benötigt, und etwas mitnehmen, was man benötigt oder verschenken möchte. 

Die dritte Expertin auf dem Podium, Dr. Helen Ahner vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, schlug noch Selbstgebasteltes aus Material, das man sowieso schon zu Hause hat, oder Verzehrbares - gegebenenfalls sogar regional gekauft oder selbst angepflanzt - als nachhaltige Geschenke vor.
Liegen nachhaltige Geschenke denn nun im Trend? Helen Ahner beobachtet in ihrer Forschung, dass sich inzwischen mehr Menschen mit der Frage der Nachhaltigkeit beim Schenken beschäftigen. Man müsse mit dieser Beobachtung allerdings vorsichtig sein, so Ahner. Beim genaueren Hinsehen sehe man häufig, dass dabei rein symbolische Handlungen stark zugenommen haben. Das scheinbar nachhaltige Geschenk wäre bei genauerer Betrachtung nicht nachhaltiger als ein neu gekauftes. Doch gerade an Weihnachten wäre das Bedürfnis hoch, (zumindest scheinbar) moralisch gute Geschenke zu verschenken.

Das Weihnachtsfest als starre Tradition?

Häufig wird man das Gefühl nicht los, dass an Weihnachtstraditionen niemand rütteln will. Sie scheinen Jahrhunderte alt und Kritik daran wirkt wie Barbarei. Wie verwerflich ist es, Nachhaltigkeit in diese Traditionen einfließen zu lassen? Die Kulturwissenschaftlerin Helen Ahner konnte Licht ins Dunkel bringen. Im Gegensatz zu Mythen, laut denen unsere Weihnachtstraditionen bis zu den Germanen zurückgeführt werden könnten, entstand das Weihnachtsfest wie es heute gefeiert wird, erst im protestantischen Bürgertum im Laufe des 19. Jahrhunderts. Durch die Industrialisierung hatten sich Lebensstrukturen verändert und die Kernfamilie, d.h. Vater, Mutter, Kind(er), herausgebildet. Zum weihnachtlichen Fest wurde die Häuslichkeit erfunden: gemütliches Beisammensein im eigenen Wohnzimmer. Zudem entstand zu dieser Zeit die Idee der Kindheit. Kinder wurden nicht mehr als kleine Erwachsene gesehen, sondern als kindliche Wesen, für die schöne Erinnerungen geschaffen werden sollten. 

Laut Helen Ahner ist der Irrglaube weit verbreitet, dass Traditionen immer gleichblieben. Die Kulturwissenschaft zeigt jedoch, dass sich Traditionen stetig wandeln. Schaue man genau hin, so gelte dies auch für das Weihnachtsfest. Wo es bis vor nicht allzu langer Zeit noch echte Kerzen am Weihnachtsbaum gab, hängen heute überwiegend elektrische Lichter. Und in jeder sozialen Gemeinschaft wandele sich der Teilnehmendenkreis: Es fallen Leute heraus, Verantwortlichkeiten werden umverteilt und so weiter. 
Insofern gebe es Grund zur Hoffnung: Weihnachtstraditionen befinden sich im steten Wandel und Traditionen, von denen man inzwischen wisse, dass sie negative Auswirkungen auf die Umwelt hätten, könnten in wenigen Jahren schon passé sein.

Konkrete Tipps für dein Weihnachtsfest

Schließlich kamen noch ein paar weitere konkrete Tipps zusammen. Dabei erinnerte Ingmar Vogelsang anfangs noch einmal daran, dass es keine per se nachhaltige Verpackung gibt, sondern nur nachhaltigere, z.B. wenn man schon vorhandenes Material für Upcycling nutzt. Auch Deko könne man gut selbst erstellen, jedoch sei diese auch nur nachhaltig, wenn dafür nicht extra Material besorgt würde.
Das Publikum schlug als Verpackungsmöglichkeiten noch altes Zeitungspapier, Stoffe, Poster, Kalenderblätter oder wiederverwendetes Geschenkpapier vor. Als Alternativen für den klassischen gefällten Weihnachtsbaum könne man entweder einen Weihnachtsbaum im Topf nehmen oder ganz auf ihn verzichten und die Dekoration an anderen Zimmerpflanzen, Wänden oder Türen anbringen.

Menschen sitzen vor einer Bühne.

Beim Herrenhausen XChange stehen immer auch die Fragen aus dem Publikum im Mittelpunkt.

Mit Blick auf das traditionelle Weihnachtsessen böten sich vegetarische oder vegane Gerichte an. Helen Ahner merkte dazu an, dass man die Weihnachtstage als Chance sehen solle, sich mit neuen Rezepten auseinanderzusetzen. Gerade im geselligen Miteinander könne man voneinander lernen und aufeinander Rücksicht nehmen. Gleichzeitig ergänzte sie, dass man auch eine andere Perspektive einnehmen könne und man an Weihnachten guten Gewissens z.B. Gans essen könne, wenn man in den Wochen vorher dafür vielleicht sogar ganz auf Fleisch verzichtet hätte.

Wer weitere konkrete Tipps sucht, kann sich auf der Homepage des Nachhaltigkeitsbüros der Stadt Hannover umsehen. Dort gibt es zahlreiche Tipps für einen nachhaltigeren Lebensstil, nicht nur auf die Weihnachtszeit bezogen.

Sketch Note zur Veranstaltung

Die gesamte Sketchnote mit Kernaussagen der Referent:innen sowie die mit dem Publikum gemeinsam erarbeiteten Take-Home-Messages aus der Veranstaltung findet sich hier zum Download. 

Herunterladen (PDF, 1.7 MB)

Interaktive Podiumsdiskussion mit

  • Dr. Helen Ahner, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
  • Dr. Evmorfia Karampournioti, Institut für Marketing und Management, Universität Hannover
  • Dr. Ingmar Vogelsang, Nachhaltigkeitsbüro, Landeshauptstadt Hannover
  • Moderation: Jan Sedelies, Journalist

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