Vor dem Hintergrund von Bananenstauden sitzt eine Gruppe von Menschen im Gespräch, darunter ein Mann mit einem Laptop auf dem Schoß
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Auf der Suche nach neuen Wirkstoffen aus natürlichen Heilmitteln

Fabien Schultz leitet die neue Nachwuchsgruppe Ethnopharmakologie und Zoopharmakognosie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). In afrikanischen Ländern sammelt er Naturheilmittel – und untersucht die neuroaktive Selbstmedikation von Schimpansen, Berggorillas und Elefanten.

Viele Krankheitserreger sind gegen gängige Medikamente resistent. Daher ist es dringend notwendig, neue Wirkstoffe zu finden und daraus neue Medikamente zu entwickeln. Die interdisziplinäre Nachwuchsforschungsgruppe Ethnopharmakologie und Zoopharmakognosie um Dr. Fabien Schultz verfolgt dabei einen partizipatorischen und nachhaltigen Forschungsansatz. Ethnopharmakolog:innen erforschen Naturmaterialien wie Pflanzen, Pilze, Tiersekrete und Insekten, die Menschen als Heilmittel verwenden. Ziel ist, das Wissen über diese traditionellen Heilmittel zu dokumentieren und neue pharmakologische Wirkstoffe zu identifizieren, die in der modernen Medizin Anwendung finden könnten.

Darüber hinaus beschäftigt sich die Gruppe mit den ethischen Aspekten der Implementation ihrer Forschung. Diese sind beispielsweise der finanzielle und nicht-finanzielle Vorteilsausgleich zur Nutzung von geistigem Eigentum, traditionellem Wissen und natürlichen Ressourcen. 

Zwei Männer, einer davon schreibt etwas in einen Notizblock

Ein traditioneller Heiler aus Bulindi, Uganda, wirft einen Blick auf die Feldnotizen von Dr. Fabien Schultz.

Dabei ist es Schultz sehr wichtig, mit den indigenen Völkern zusammenzuarbeiten. "Nur mit ihrer Expertise und Zusammenarbeit ist es mir möglich, erfolgsversprechende Heilmittel zu sammeln. Nach der Analyse gebe ich selbstverständlich meine Erkenntnisse an die indigenen Gemeinschaften zurück. Meiner Meinung nach ist es die Verantwortung von Wissenschaftler:innen, nach Abschluss einer Studie zum Wissenstransfer beizutragen", erläutert Schultz sein Vorgehen.

Das Projekt SpiriPharm untersucht neuroaktive Heilmittel

Im seinem von der VolkswagenStiftung geförderten Projekt "SpiriPharm" möchte Schultz an sechs Studienorten erstmals neuroaktive, potenziell bewusstseinsverändernde Heilmittel, die Menschen vor Ort kulturell, spirituell, zeremoniell, rituell oder zur Erholung verwenden, dokumentieren. Die Stiftung fördert das Projekt im Rahmen der Initiative "Pioniervorhaben – Explorationen des unbekannten Unbekannten". 

Pioniervorhaben – Explorationen des unbekannten Unbekannten

Die Stiftung unterstützt bahnbrechende und riskante Forschungsideen mit hoher wissenschaftlicher Relevanz aus dem Bereich der Grundlagenforschung. 

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In diesem Projekt wird Schulz auch wildlebenden Berggorillas und Schimpansen auf der Spur sein: Nehmen sie bewusstseinsverändernde Stoffe zu sich? Wenn ja, ähneln diese Stoffe neuroaktiven Substanzen, die Menschen einnehmen, oder sind es sogar identische Stoffe?

Zwei Chimpansen, einer davon ein Baby

Schimpansenmutter und Baby in Bulindi in Westuganda: Die Bulindi Schimpansen sind Teil einer größeren Population von über 300 Schimpansen, die in schrumpfenden Waldstücken auf landwirtschaftlichen Flächen überleben.

Die Wissenschaftler:innen geben ihre Forschungsergebnisse in Workshops an die lokalen Gemeinschaften zurück, durch Community Projekte lösen Menschen vor Ort selbst definierte Probleme nachhaltig. Bei der Frage des geistigen Eigentums wird es komplizierter: Wie kann ein finanzieller und nicht finanzieller Ausgleich bezüglich des Wissens über die Heilmittel erfolgen? Und wie geht man vor, wenn das Wissen von Berggorillas und Schimpansen stammt? Hierzu möchten Schultz und seine Gruppe Best-Practice-Modelle entwickeln.

Ein weiteres Ziel ist es, neue Erkenntnisse über die Gesundheit und das gesellschaftliche Wohlbefinden im Zusammenhang mit neuroaktiven Substanzen zu gewinnen, die evtl. zur Abkehr von negativen westlichen Ansichten über Stimulanzien und Beruhigungsmitteln führen könnten. 

Wertvolle Naturstoff-Datenbank 

Schultz hat während der letzten Jahre eine Rohextrakt-Datenbank aufgebaut. Sie umfasst derzeit mehr als 586 einzigartige Extrakte von mehr als 142 Pflanzen-, Insekten- und Pilzarten aus Uganda, Südafrika, Burkina Faso und Deutschland. Da zwei von fünf Pflanzen derzeit vom Aussterben bedroht sind, archiviert das Team die Substanzen für künftige Generationen. Die meisten davon wurden noch nie in einem Labor untersucht. Das ändert nun die Nachwuchsgruppe. Pro gesammeltem Heilmittel extrahieren die Forschenden drei verschiedene Extrakte, die unterschiedliche Inhaltsstoffe enthalten. Sie untersuchen die Extrakte unter anderem auf ihre antibakteriellen sowie antientzündlichen Eigenschaften und auf ihre Wirksamkeit gegen bestimmte Parasiten. 

"Aussichtsreiche Extrakte können wir weitergehend analysieren. Künftig wollen wir die pharmakologisch aktiven Inhaltsstoffe der Extrakte mithilfe von Künstlicher Intelligenz identifizieren. Die Ergebnisse, nach denen ich suche, könnten das Potenzial für wissenschaftliche Durchbrüche haben. Zum Beispiel könnten wir neue Malariamittel, neuartige Antibiotika oder Entzündungshemmer entdecken", schließt Schultz.

 

Die ganze Pressemitteilung des BNITM lesen Sie unter https://www.bnitm.de/aktuelles/news/neue-wirkstoffe-aus-natuerlichen-heilmitteln.

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